Tipps fürs Homeschooling
Anja Janßen / Claudia Berlinger · 16.03.2020
zurück zur ÜbersichtDas Lernen für die Schule in den eigenen vier Wänden stellt Eltern vor die große Frage, wie und wieviel sie ihr Kind unterstützen können. Maresi Lassek, Vorsitzende des Grundschulverbands, erklärt dazu: „Grundsätzlich muss bedacht sein, dass Eltern zu Hause nicht den Schulunterricht ersetzen oder simulieren können. Sie haben andere Beziehungen als Lehrkräfte zu den Kindern und sollten authentisch in ihrer Rolle bleiben.“ Das bedeutet nicht, dass Eltern keine Anregungen oder Vorschläge machen dürfen. Aber sie sollten mit ihrem Kind gemeinsame Absprachen treffen und nicht in eine Lehrerrolle verfallen. Konkret bedeutet das:
Lernzeiten vereinbaren
Feste Zeiten für das Lernen vereinbaren, aber nicht den Schulrhythmus imitieren – das rät auch Schulexpertin Ilka Hoffmann von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in ihrem Online-Ratgeberartikel „Coronavirus und Homeschooling – Mit diesen 10 Tipps klappt das Lernen zu Hause“ auf der GEW-Webseite. Beispielsweise entspreche der frühmorgendliche Schulanfang nicht dem Biorhythmus von Jugendlichen.
Damit sich das Gelernte „setzen“ kann, brauchen Kinder zwischendurch Phasen der Regeneration. Arbeitsphasen wechseln sich somit mit Beschäftigungsphasen ab. Dabei gilt: Wie lange sich ein Kind am Stück konzentrieren kann, ist individuell ganz unterschiedlich. „Die Spanne der Arbeitsdauer ist keine Altersfrage, sondern eine Frage der individuellen Entwicklung und zuweilen auch der Stimmungslage des Kindes“, stellt der Grundschulverband in einem Merkblatt für Eltern fest.
Selbstständigkeit fördern
Lernen funktioniert am besten, wenn es vom Interesse des Kindes ausgeht. Deshalb sollten Eltern ihrem Nachwuchs Raum für eigene Entscheidungen geben. Mit welchen Aufgaben beginne ich heute? Welches Fach berücksichtige ich danach? Schulexpertin Ilka Hoffmann legt Eltern nahe, vor allem ältere Kinder und Jugendliche selbst über die Reihenfolge des Lernstoffs entscheiden zu lassen und empfiehlt, lieber ein Wochenpensum, statt ein Tagespensum festzulegen.
Digitales Lernen mit Schulfreunden
Lernen in der Gruppe fördert die Motivation und ist anregender, als das Lernen im stillen Kämmerlein. Denn jeder bringt andere Vorkenntnisse und Ideen mit – man wird buchstäblich auf neue Gedanken gebracht. Bildungsexperten sprechen in diesem Zusammenhang auch vom „kooperativen Lernen“ und schreiben diesem Lernmodell große Vorteile zu. Im digitalen Zeitalter ist das Gruppenlernen nicht mehr von Raum und Zeit abhängig. Durch Foren, Chats und soziale Netzwerke können wir uns zu jeder Tages- und Nachtzeit überall auf der Welt austauschen. So sollten Eltern Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit eröffnen, sich mit ihren Schulkameraden auch auf digitalem Wege über den Schulstoff auszutauschen und über Sachthemen zu diskutieren. Die GEW empfiehlt in diesem Zusammenhang auch Online-Angebote wie Planspiele. Generell eigenen sich spielerische Lernformen vor allem bei jüngeren Kindern besonders. Ein Vokabeltraining in Form eines Memorys oder ein Domino-Rechenspiel sorgen für Abwechslung und Lernen ohne Zwang und Drill.
Medienkonsum beobachten
Digitale Lernformen steigern natürlich die Zeit, die Kinder und Jugendliche vor dem Bildschirm verbringen. Wenn Computerspielen sowieso schon das Lieblingshobby ist und dann auch noch am PC gelernt wird, fragen sich Eltern zu Recht, ob weniger mehr wäre. Eltern sollten hier Absprachen mit ihrem Nachwuchs treffen. Wieviel Zeit am Smartphone, Computer und vor dem Fernseher pro Tag ist okay? Wann wird es zu viel? Wichtig ist, dass Eltern sich bei Fachstellen wie „Schau hin“ über die von Experten empfohlenen Bildschirmzeiten für Kinder und Jugendliche informieren, den Überblick über den Medienkonsum ihres Kindes behalten und Regeln aufstellen.
Regelmäßige Bewegung
Nur ein gut durchblutetes Gehirn kann neue Zusammenhänge verstehen und Lerninhalte abspeichern. Deshalb ist regelmäßige Bewegung – vor allem an der frischen Luft – eine Voraussetzung für erfolgreiches Lernen. Fitnessübungen oder ein Spaziergang nach einer Lerneinheit wirken Wunder und bieten Kindern und Jugendlichen die nötige Auszeit, um das Gelernte verarbeiten zu können. Im Sinne eines fächerübergreifenden Lernens lassen sich vor allem für jüngere Kinder motivierende Lernangebote in Verbindung mit Bewegung kreieren: Silbenhüpfen fördert die Motorik sowie das Lesen und Schreiben. Auch Kopfrechnen lässt sich gut mit Bewegungsangeboten verbinden. Generell können Zuhause interessante Verbindungen zwischen verschiedenen Fächern hergestellt werden: Warum nicht einmal ein Diktat zu einem Thema aus dem Geschichtsbuch schreiben?
Lerntagebuch führen
Um die Selbstständigkeit zu fördern, setzen Bildungsexperten auf das Lerntagebuch. Hier können Kinder und Jugendliche ihren Lernprozess dokumentieren. Ist mir das Lernen heute leicht oder schwer gefallen? Welche Fächer liegen mir besonders? Wo stecke ich fest? Der Eigenreflexion wird eine große Bedeutung zugeschrieben, um das Lernen zu lernen.
Tipps für Grundschüler
Zuhause gibt es vielfältige Möglichkeiten, über zwanglose und spielerische Aktivitäten zu lernen:
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Auf Seite 2 hat KÄNGURU-Autorin Claudia Berlinger ein paar praktische Tipps aus ihrem Lernalltag mit Kind zusammengefasst, die euch das gemeinsame Lernen erleichtern könnten.
Das deutschlandweite Homeschooling-Projekt hat begonnen! Mir macht Unterrichten Freude, denn es fällt mir leicht – nicht zuletzt, weil ich selbst gerne Neues lerne. Nicht allen Eltern geht es aber so. Immer wieder ist von Streitigkeiten zu hören, wenn Mama oder Papa ihrem Kind bei den Hausaufgaben helfen wollen oder für den nächsten Test üben wollen. Solche „explosiven" Tandems stellt das gemeinsame Lernen vor eine echte Herausforderung. Digitale Plattformen können in diesen Fällen gute Helferlein sein. Doch letztlich geht nichts über aktivierenden Präsenzunterricht und ein Lernen mit allen Sinnen. Hier kommen ein paar Tipps aus meinem Corona-Lernalltag mit meiner Tochter, die euch vielleicht das Lernen zuhause etwas erleichtern:
Werdet ein Team
Vertraut auf die Mitarbeit eurer Kinder. Lasst euch zu Beginn in jedem Fach zeigen, was der Stand der Dinge ist. Ihr werdet so auch die Lieblingsfächer eures Kindes kennenlernen. Beginnt mit den Fächern, bei denen euer Kind vor Begeisterung sprudelt!
Schulstrukturen aufnehmen
Legt vor Beginn eures Homeschoolings genau die Zeit fest, wann gelernt wird, wann es Pausen gibt und haltet euch soweit möglich an die Strukturen, die die Kinder aus der Schule kennen. Gewohnheiten machen das Leben und Lernen leichter.
Eigene Vorlieben
Wir finden den Schulbeginn um 8.10 Uhr jeden Morgen viel zu früh, darum beginnen wir um 9 Uhr mit dem Schulunterricht und freuen uns diebisch, dem Schulsystem ein Schnippchen zu schlagen.
Stille Lernzeit
Setzt euch gemeinsam an den Küchentisch, denn gemeinsam lernen macht viel mehr Spaß! Während das Kind seine Lernwörter schreibt oder Matheaufgaben erledigt, erledigt eure Büro- und Schreibarbeiten.
Lesen lernen
Sucht euch ein Buch aus, das ihr beide toll findet und lest es einander abwechselnd vor.
Sport
Reckt und streckt euch nach jeder Lerneinheit, tut ein paar Schritte und wechselt die visuellen Eindrücke. Holt das Trampolin aus dem Keller oder schnappt euch eure Joggingschuhe oder Fahrrad und dann nichts wie raus in die Natur, wenn das möglich ist. Das gemeinsame Training wird euch nebenbei davon ablenken, euren Gedanken nachzuhängen.
Sachunterricht
Geht raus in die Natur, so lange es geht. Befühlt Baumrinden, atmet Waldluft, versucht, Vogelnester zu erspähen, erfreut euch an den Blumen, die gerade blühen. Vielleicht führt ihr den Nachbarhund Gassi und unterhaltet euch dabei über Gott und die Welt. Vergesst nicht: Wir sind alle Kinder in dieser Zeit!
Religionsunterricht in Aktion
„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Bietet älteren Menschen in eurer Nachbarschaft an, für sie einzukaufen, ihre Treppe zu putzen und bei allem behilflich zu sein, wo sie bedürftig sind.